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Warum wir eine Kommunale Wende brauchen.


Einmal im Jahr kommt es zum Aufeinandertreffen. Zum Showdown quasi. Der Städte- und Gemeindetag als Vertreter der Interessen der Kommunen lädt ein. Und es kommen Teile der Landesregierung, diesmal vertreten vom Ministerpräsidenten höchstselbst. Und so ziemlich alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister des Freistaates Sachsen. Das Ziel: Mal reden über das, was so zu bereden ist. Und diesmal sogar über etwas wirklich wichtiges: Die kommunale Selbstverwaltung. Beziehungsweise das, was davon noch übrig ist. Am anderen Ende des goldenen Finanzzügels, den die Damen und Herren Landtagsabgeordnete und die Landesregierung seit kommunalem Menschengedenken fest in ihren Händen halten. Und den sie ebenso lange sehr straff und kurz gestalten, damit die da draußen immer erstmal fragen müssen, bevor sie demokratisch in den Räten beschlossene Vorhaben umsetzen wollen. Was keinem wirklich schmeckt, aber alle hinnehmen. Warum auch immer. Nein, wir müssen endlich handeln, wenn wir nicht alles verlieren wollen.

Doch wer erwartet hätte, dass es angesichts der Brisanz des Themas hier mal so richtig zur Sache gehen würde, der glaubt auch, dass kalter Kaffee schön macht und der Weihnachtsmann rote Socken trägt. Denn obwohl hier einiges im Argen liegt, was zunehmend die demokratischen Gefüge unseres Landes zerstört. Weil Kommunen ohne Geld eben auch Kommunen ohne Möglichkeiten und Zukunft sind. Deren Bürger, die gern mitarbeiten wollen, sich damit meist leider nur an Mangelwirtschaft oder der Förderlotterie, nicht aber an einem gemeinsamen „nach vorne“ beteiligen können. Was sie zunehmend ablehnen, um anschließend entweder im Heer der frustriert passiven abzutauchen, oder wahlweise direkt in den so genannten Widerstand zu wechseln. Kurz: Wer erwartet hätte, dass angesichts der seit Jahrzehnten desaströsen Kommunalfinanzierung ein Sturm der Kommunen über den inzwischen ja leidensfähigen MP hereinbrechen würde, der irrte gewaltig. Die „kommunale Familie“ schweigt weitgehend. Sieht man von wenigen Wortmeldungen und dem leisetretenden „so kann es nicht weitergehen-wir müssen im Gespräch bleiben“ von der Spitze unseres Verbandes einmal ab. Was ich höre, seitdem ich an diesen Runde selber teilnehme. Nebst der regelmäßigen Hinweise, ich sollte doch besser auch schweigen. Da kommt es einer Revolution gleich, dass der Verband kühn fordert, ganze zehn Prozent (das ist eine Eins mit zu wenig Nullen) der Fördermilliarden, die in Hunderten Förderprogrammen stecken, die man an 52 Stellen BEANTRAGEN kann (bedeutet nicht bekommen) frei an die Kommunen verteilt werden sollen! Bäm! Ähm Moment? Zehn Prozent? Warum nicht 50, 63,8 oder gar 100? Man weiß es nicht. Man weiß auch nicht, wie man zu dieser Zahl kam. Wahrscheinlich, um die Bedürfnisse der Landespolitik nach der finalen Endkontrolle der kommunalen Politik und den üblichen, öffentlichen Übergaben der Fördermittelbescheide nicht komplett in Frage zu stellen. Wie wir sehen können, fordern wir also knallhart Kosmetik, wo eine komplette Kehre angesichts von ausfallendem Förderprogrammen wie im Straßenbau und dem sonstigen Engpässen eigentlich angesagt gewesen wäre.

Denn der Wald brennt. Immer mehr Bürger haben einfach keine Lust mehr darauf, gut erklärt zu bekommen, warum dieses oder jenes zwar gut, nötig aber leider nicht finanzierbar ist. Und hier reden wir ja nicht von Traumschlössern. Wir reden von Schulhöfen, Straßen, Kitas. Von Spielplätzen und öffentlichen Räumen, in denen Bürger ihr Zusammen gestalten können. Denn um diese Dinge geht es, wenn der Bürger selbst bestimmen könnte. Und was es noch brisanter macht: Immer mehr Bürgermeisterinnen und Bürgermeister stehen deshalb im Feuer. Und haben irgendwie auch nur noch selten das Bedürfnis, dem Bürger wortreich den Mangel schönzudeklinieren. Und damit nicht genug. Diese wortlose Handlungsunfähigkeit schafft den Nährboden für Extreme. Das sollte jedem inzwischen klar sein!

Nein. So kann es nicht weitergehen. Und mit Kosmetik, verabreicht mit samtenen Handschuhen, wird es sich nicht ändern.

Es braucht einen Ruck (hat ein kluger Bundespräsident schonmal gesagt). Dieser aber sollte durch die Kommunen gehen. Wir sind es, die ihre Anforderungen nicht nur klar benennen, sondern auch einfordern müssen. Im klaren Schulterschluss. So, wie wir es beim Breitbandausbau schon einmal geschafft haben. Denn dass es hier eine Milliarde Euro extra gab und damit eine 100-Prozent-Finanzierung existiert. Das haben Bürgermeister und Bürgermeisterinnen damals erkämpft. Hier standen wir zusammen. und brachten unsere Forderung ins Ziel. Zum Wohle aller, denn der MP schreibt sich dies ja auch stolz auf die Fahnen. Kann es also ja nicht so ganz falsch gewesen sein.

Doch diese Einigkeit haben wir nicht mehr herstellen können seither. Wir reden lieber darüber, wie wir den goldenen Zügel der Landespolitik (so nennen wir inzwischen den Förderdschungel liebevoll) irgendwie schöner gestalten können. Dabei müssten wir jetzt fordern, diesen weitgehend abzuschaffen. Wir selbst können gemeinsam mit unseren gewählten Räten gut entscheiden, was für uns wichtig ist und was nicht. Mit dem Bürger als direktem Partner, Auftraggeber und Kontrolleur. Es ist nicht demokratisch, wenn ein Sachbearbeiter der Sächsischen Aufbaubank im Förderverfahren entscheidet, dass die Stadt diese oder jenes nicht braucht. Wenn zuvor ein gewählter Rat das Gegenteil festgestellt hat. Und: Es ist sogar teuer, wenn er das tut. Denn die Arbeit der SAB kosten ebenfalls viele Millionen, die für die Prüfungen von Förderanträgen und Abrechnungen drauf gehen. Bedeutet also: Würden wir mehr Geld frei an die Kommunen verteilen, hätten wir sogar mehr zur Verfügung. Und nein: Wir wollen gar nicht mehr Geld. Wir wollen ja nur das, was ohnehin geplant ist. Gut verwahrt hinter komplexen Förderegeln und Antragsverfahren. Der Verweis auf die Pandemie, die uns in die finanzielle Enge treibt, ist also nicht wirklich ein Argument.

Lasst also das Geld frei.

Oder bildet wenigstens Regionalbudgets ähnlich wie bei LEADER, über die Bürger, Unternehmen und Politik einer Region selbst entscheiden können.

Senkt den bürokratischen Aufwand mittels des Instrumentes namens VERTRAUEN. Vertraut darauf, das lokal gewählte Vertreter der Städte- und Gemeinden gemeinsam mit ihren Bürgern das Richtige tun. Statt immer indirekt zu unterstellen, dass genau das nicht passieren wird!

MISSTRAUEN ist der Grund, warum man alles doppelt und dreifach beantragen muss. Und die Möglichkeit, dadurch immer das letzte Wort zu dem zu haben, was da draussen passiert.

In Zeiten immer knapper werdender Mittel können wir uns den Förderaufwand nicht leisten. Wir sind dadurch langsam und alles wir teurer. und wir verbrauchen erhebliche Teile der Mittel, um uns gegenseitig zu bewachen. Das muss aufhören! Wir werden ausreichend kontrolliert. Von Kommunalaufsichten und dem Rechnungshof. Wir Bürgermeister haften entgegen aller anderen Politiker für das, was wir tun. Im schlimmsten Fall PRIVAT und damit selbst. Kein anderer politische Mandatsträger unterliegt einer solchen Haftung. Mehr Motivation brauchen wir nicht.

nein. Wenn wir so weitermachen, werden wir nichts Wesentliches verändern. Und jeder Monat, der so ins Land geht kostet vertrauen, generiert Wut und Unverständnis. Und schafft eine Distanz zwischen jenen, die noch von der Basis aus demokratisch bestimmt etwas wollen. Und denen, die als gewählte Vertreter glauben bestimmen zu müssen, was das sein darf. Und was davon richtig und was falsch ist. Wenn wir nicht wollen, dass unsere Gesellschaft weiter auseinanderdriften. Wenn wir nicht wollen, dass wir noch mehr von denen täglich verprellen, die noch bereit sind, mitzutun. Dann müssen wir jetzt die Kommunen stärken. und das geht am schnellsten über die Stärkung der finanziellen Ausstattung. Die damit zur Möglichkeit wird, Bürger zu bewegen. Die sich dann nämlich einbringen. Wenn sie wieder wissen, dass es in ihrem Rat um konkrete Vorhaben und nicht um Absichtserklärungen geht, die eventuell realisiert werden. Wenn es noch ein entscheidendes Ja geben sollte. Irgendwann. Im Irgendwo. Nein. Wir müssen endlich lernen, uns nicht vereinzeln zu lassen, zusammen zu stehen und wirklich etwas zu verändern. Tun wir dies nicht, werden wir tatsächlich noch mehr Leute verlieren und die Tür für Extreme noch weiter aufmachen, als sie das ehedem schon ist. Jetzt, liebe Amtskolleginnen und -kollegen ist der Zeitpunkt das zu erkennen.

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